Im vergangenen Dezember 2014 hat der zuständige baden-württembergische Minister für den ländlichen Raum und den Verbraucherschutz die Gesamtkonzeption Waldnaturschutz vorgestellt. Hier in diesem Blog interessieren in erster Linie die Aussagen der Konzeption zum Thema Waldwildnis.
Die Gesamtkonzeption Waldnaturschutz für BW nimmt das Ziel der nationalen Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung auf, wonach bis zum Jahr 2020 zwei Prozent der Fläche Deutschlands Wildnis bzw. Wildnisentwicklungsgebiet sein sollen. Da Wildnis nicht für im Privatbesitz oder in kommunalem Besitz befindliche Flächen zwangsverordnet werden kann, kommen nur Staatswaldflächen in Frage. Das Zwei Prozent-Ziel der Bundesregierung wird für BW so umgesetzt, dass bis 2020 mindestens zehn Prozent der Staatswaldfläche der natürlichen Entwicklung (Prozessschutzflächen) überlassen bleiben sollen.
Konkret sind die folgenden Zahlen zu den Prozessschutzflächen sowie zur Waldwildnis verfügbar:
Der Staatswald in BW umfasst eine Gesamtlfäche von 330.000 Hektar. Davon werden derzeit bereits knapp 9.000 Hektar (ca. 2,5 Prozent) nicht mehr bewirtschaftet. Ein Teil dieser Fläche umfasst die sogenannten Prozessschutzflächen. Um ihre Funktion richtig erfüllen zu können, müssen Prozessschutzflächen eine bestimmte Größe haben (empfohlen werden mindestens 100 Hektar). Zu den Prozessschutzflächen gehören die Bannwälder, die Kernzonen des Biosphärengebiets Schwäbische Alb und die Kernzone des Nationalparks Schwarzwald.
Neben den Prozessschutzflächen gibt es auch noch ein Netzwerk von vielen kleinen, unbewirtschafteten Flächen. Sie erfüllen ebenfalls wichtige Funktionen der Biotopvernetzung. Zu diesem Netzwerk gehören kleinere Bannwälder sowie die Waldrefugien sowie Habitatbaumgruppen gemäß dem Alt- und Totholzkonzpet BW.
Im Gegensatz zu den Prozessschutzflächen, die feste geographische Eigenschaften haben, können die Waldrefugien und vor allem die Habitatbaumgruppen über die Fläche im Laufe der Zeit vagabundieren. Denn bei diesen Schutzgebieten ist nicht der Ort das allein bestimmende, sondern ihr Vorhandensein.
Zur Zeit gibt es ca. 130 Bannwälder mit einer Gesamtfläche von knapp 6.800 Hektar. Die Kernzonen des Biosphärengebiets Schwäbische Alb bedecken eine Fläche von ca. 2.500 Hektar. Die Kernzone des Nationalparks Schwarzwald ist mit Stand Januar 2015 noch nicht festgelegt. Die Festlegung einer ersten Kernzone soll im Februar 2015 erfolgen. Spätestens 30 Jahre nach Gründung des Nationalparks (01.01.2014 + 30 Jahre) muss der Nationalpark Schwarzwald einen Kernzonenanteil von mindestens 75 Prozent aufweisen.
Waldrefugien bedecken zur Zeit eine Gesamtfläche von ca. 1.600 Hektar. Waldrefugien sind auf Dauer angelegte und kartographisch erfasste Flächen mit einer Mindestgröße von 1 Hektar. Es ist geplant, die Lage der Waldrefugien im Internet für die Öffentlichkeit bekanntzumachen, wie dies für die Bannwälder und Kernzonen bereits der Fall ist.
Habitatbaumgruppen umfassen zur Zeit eine Gesamtfläche von ca. 500 Hektar. Diese Flächen sind nicht von Dauer und können vagabundieren.
Die Ziele der Gesamtkonzeption Waldnaturschutz bis 2020 sind:
Ausweisung von 10.000 Hektar Waldrefugien gemäß dem Alt- und Totholzkonzept
Ausweisung von 5.700 Hektar Habitatbaumgruppen gemäß dem Alt- und Totholzkonzept
Ausweisung von weiteren ca. 2.500 Hektar Bannwaldflächen
Verordnung eines neuen Biosphärengebiets Südschwarzwald mit ca. 600 Hektar zusätzlicher Kernzonen
Ausweisung der Kernzonen im Nationalpark Schwarzwald mit ca. 7.500 Hektar Fläche
Zusammengenommen würde es dann in BW 33.000 Hektar Waldwildnis geben. Das entspricht 10 Prozent der Fläche des Staatswalds. Allerdings wären dies nur knapp 1 Prozent der Fläche von Baden-Württemberg (35.751 km²).
Kommentar
Die Umsetzung der nationalen Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung in BW kommt nach wie vor nur schleppend voran. Das liegt nicht nur daran, dass das Zwei Prozent-Ziel von Wildnisfläche in BW augenscheinlich nicht erreicht wird. Es hapert auch an der konkreten Ausweisung von Wildnisflächen.
Die Erstellung von Strategiepapieren ist die eine Sache. Die konkrete Ausweisung von Wildnisgebieten ist die andere Sache. Und diesbezüglich bleibt festzuhalten, dass die Grün-Rot-geführte Landesregierung von BW zur Halbzeit ihrer Regierungszeit nicht viel erreicht hat. Das hat sogar die CDU-geführte Vorgängerregierung mehr vorzuweisen.
Unter der CDU-geführten Regierung wurden Jahr für Jahr mehrere neue Bannwälder ausgewiesen. Die Grün-Rote Landesregierung hat bisher keinen einzigen neuen Bannwald ausgewiesen (die Ausweisung des Bannwalds Pfrunger-Burgweiler Ried in Oberschwaben am Anfang der Legislaturperiode geht auf die Arbeit der Vorgängerregierung zurück). Es wurden von Grün-Rot bisher auch keine neuen Kernzonen in Biosphärengebieten und auch keine neuen Kernzonen im Nationalpark ausgewiesen. Bei den Bannwäldern begründet man die fehlende Ausweisung mit der Notwendigkeit, das Gesamtkonzept für die Bannwälder weise Überarbeitungsbedarf auf.
Es wird jetzt allerdings höchste Zeit für die Grün-Rote Landesregierung, konkrete neue Wildnisflächen in BW auszuweisen. Stünde die Regierung am Ende der Legislatur im Jahr 2016 ohne neue Wildnisflächen da, wäre dies eine Bankrotterklärung.
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