Wer von den Alpen vor allem den deuschen, österreichischen oder Schweizer Anteil kennt, kann sich vielleicht nur schwer vorstellen, welche Entwicklungen in den italienischen Alpen ablaufen. Dort wanderten und wandern die Menschen aus weiten Regionen des sehr steilen Bergraums in die Täler und in die Städte ab. Zurück bleiben leere Gebiete.
Nur wenige Kilometer vom weltberühmten Lago Maggiore entfernt ist in den vergangenen Jahrzehnten ein großes Berggebiet fast vollständig menschenleer geworden. Wo ursprünglich große Alpdörfer bestanden, breitet sich nun dichter Wald aus. Die größte Wildnis Italiens ist hier im Gebiet zwischen dem Lago Maggiore im Süden und dem Centovalli im Norden im Entstehen. Der italienische Staat hat diese Situation, die nicht mehr rückgängig zu machen ist, bestmöglich genutzt und im Gebiet einen Nationalpark eingerichtet, den Nationalpark Val Grande.
Möglicherweise ist dieser Nationalpark vielen Europäern noch kaum bekannt. Und trotzdem deutet sich bereits an: hier entsteht eines der Top-Naturschutzgebiete Europas, unter Kennern längst bekannt und bewundert. Und ich bin froh, dass ich im vorletzten Sommer die Gelegenheit hatte, eine erste Stipvisite im Parkgebiet zu unternehmen. Es fällt schwer, die richtigen Worte für dieses Gebiet zu finden. Einerseits findet man eine von Jahr zu Jahr immer wilder werdende Natur vor, andererseits stößt man ständig auf die - immer mehr zuwachsenden - Spuren des Menschen. In diesem Park ist eine ernste, feierliche Stimmung, fast möchte man sagen, eine Stimmung, die irgendwie nicht so recht zu Italien passt.
Und ernst ist der Nationalpark auch aus einem zweiten Grund: abseits der wenigen bequemen Wege muss der Wanderer und Bergsteiger steilstes und schwieriges Gelände bewältigen. Viele Touren im Gebiet erfordern eine Zeit von mehreren Tagen. Die Nationalparkverwaltung hat über ein Dutzend Hütten und Biwakschachteln im Gebiet errichtet, alle sind sie im Gebiet ehemaliger Alpsiedlungen gelegen.
Der Nationalpark Val Grande hat eine Größe von 15.000 Hektar und wurde im Jahr 1992 errichtet. Dem voraus ging die Erklärung eines Teils des Gebiets als Totalschutzgebiet im Jahr 1967. Dieses Gebiet mitten im heutigen Nationalpark darf nicht betreten werden.
Die den Bildern zugrundeliegende Wanderung verläuft von Cicogna, der einzigen noch dauerhaft bewohnten Siedlung im Park, zur ehemaligen Alpsiedlung Pogallo. Im Verlauf der Wanderung ist ein Höhenunterschied von 100 Metern zu bewältigen, die einfache Wanderzeit ist 1,5 Stunden. Cicogna erreicht man auf einer schmalen Straße von Verbania am Lago Maggiore über Rovegro. Die Zahl der Parkplätze in Cicogna ist sehr beschränkt. Wenn immer möglich, sollte man die Wochenenden meiden, auch der Begegnungsverkehr im Verlauf der Straße ist heikel.
Im Schweizer Rotpunktverlag ist ein sehr interessantes Buch mit 300 Seiten und vielen farbigen Abbildungen über den Nationalpark Val Grande erschienen. Dieses Buch stellt nicht nur viele Wanderungen im Nationalpark vor, sondern thematisiert auch die Natur sowie die Geschichte des Menschen in diesem Gebiet.
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Ein kleines Schild an der schmalen Straße von Rovegro nach Cicogna zeigt den Beginn des größten Wildnisgebiets von Italien sowie der Alpen an. |
Eine der leichtesten Wanderungen im Nationalpark Val Grande verläuft auf bequemem Weg von Cicogna, dem einzigen noch ganzjährig bewohnten Ort im Park, zur ehemaligen Siedlung Pogallo. |
Nur hin und wieder gibt einer der größten Urwälder Italiens den Blick auf die Umgebung frei. |
Ein Wasserfall rauscht durch die undurchdringliche Wildnis in die Tiefe. |
Die Lichtung der ehemaligen Alpsiedlung Pogallo ist erreicht. Von hier aus führen anstrengende Wege weiter zu Biwakschachteln. |
Das ehemalige Schulhaus der früheren Siedlung Pogallo zerfällt langsam. |
Einige Gebäude der ehemaligen Siedlung Pogallo wurden zu Sommersitzen ausgebaut, die anderen Gebäude zerfallen. |
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