Die neue Grün-Rote Landesregierung in Baden-Württemberg geht konsequent auf dem Weg zur Ausweisung eines ersten Nationalparks in diesem Bundesland voran. Insbesondere der Minister für den ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Alexander Bonde, in dessen Resort der Flächennaturschutz fällt, arbeitet mit großem Elan für einen Nationalpark Nordschwarzwald.
Bereits die Vorgängerregierung hat Untersuchungen für einen Nationalpark in BW angestellt. Diese Untersuchungen wurden jetzt von der neuen Landesregierung öffentlich gemacht. Nur der Nordschwarzwald kommt demnach für einen Nationalpark in Frage. Denn nur dort finden sich ausreichend Staatswaldflächen, um einen Nationalpark einrichten zu können.
Für den Nationalpark Nordschwarzwald werden keine kommunalen oder privaten Flächen benötigt. Der Nationalpark mit einer Fläche von über 10.000 Hektar soll möglicherweise über mehrere Teilflächen verfügen. In einem ca. 17.000 Hektar großen Suchraum wurden Flächen östlich des Murgtals (Hochfläche von Kaltenbronn) sowie auch westlich des Murgtals (Ruhestein, Ochsenkopf, Badener Höhe) als geeignet für einen Nationalpark identifiziert. In allen Flächen befinden sich bereits einzelne Bannwälder (der baden-württembergische Begriff für Naturwaldreservat), die im neuen Nationalpark aufgehen könnten.
Es fanden bereits verschiedene Gespräche zwischen der Landesregierung und den betroffenen Landkreisen, den Kommunen sowie den Vertretern vom Forst, der Jagd und vom Naturschutz statt. Zur Zeit wird an ca. 120.000 Haushalte eine Infobroschüre zum Nationalpark verschickt. Die Broschüre enthält auch eine Rückantwortkarte, mit der Anregungen und Bedenken zum Nationalpark an die Landesregierung gesandt werden können. Diese Anregungen sollen im Rahmen einer Untersuchung zum Nationalpark berücksichtigt werden, die ab Herbst 2011 von einem Gutachter vorgenommen werden soll.
Wie immer bei der Ausweisung von Großschutzgebieten gibt es Befürworter und Gegner. Alle Naturschutzverbände haben die Einrichtung eines neuen Nationalparks Nordschwarzwald begrüßt, ebenso die Tourismusverbände. Als einzige Partei im Landtag von BW hat die FDP die Ablehnung der Nationalparkpläne beschlossen. Einige Gemeinden sind ebenfalls skeptisch. Die Landesregierung versucht zur Zeit, verschiedene teilweise irrationale Ängste zum Nationalpark abzubauen.
So wird betont, dass es Waldbilder wie im Nationalpark Bayerischer Wald mit großflächig wegen Borkenkäferbefalls abgestorbenen Bäumen im Nordschwarzwald nicht geben wird. Begründet wird dies mit der gesünderen Waldstruktur des Nordschwarzwalds. Auch das Betretungsrecht des zukünftigen Nationalparks scheint Gegenstand von Ängsten zu sein. Die Landesregierung stellt klar, dass selbst die Kernzonen des Nationalparks auf den ausgewiesenen Wanderwegen und Loipen betreten werden dürfen. Ängste gibt es auch vor einem Arbeitsplatzverlust in der Forstwirtschaft. Hierzu wird betont, dass es sich beim Nationalpark Nordschwarzwald um einen sogenannten Entwicklungsnationalpark handeln wird.
Wildnis ohne Beeinflussung durch den Menschen wird es im gesamten Nationalpark erst 30 Jahre nach seiner Gründung geben. In den ersten 30 Jahren müssen naturferne Waldbestände umgebaut werden. Konkret muss zum Beispiel der vielerorts zu hohe Fichtenanteil zu Gunsten von Weißtanne und Buche reduziert werden. Im Rahmen dieses Waldumbaus wird vorübergehend sogar mehr Holz anfallen als heute. Ansonsten wird sich die Forstwirtschaft langsam auf die geänderten Bedingungen einstellen können. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Nationalparkfläche gerade einmal 2-3 Prozent der gesamten Fläche des Nordschwarzwalds ausmacht.
Nach einem ersten Versuch zur Einrichtung des Nationalparks Nordschwarzwald in den Neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts geht man nun die Sache ein zweites Mal an. Die beim ersten Versuch gemachten Fehler - vor allem eine zu geringe Beteiligung der Menschen vor Ort - will man diesmal vermeiden. Hoffen wir, dass der zweite Anlauf bald von Erfolg gekrönt sein wird.
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