Wildnis als eigenständige Schutzgebietskategorie, ein Register aller Wildnisgebiete, die Wiederherstellung degradierter Wildnisgebiete und die Schaffung neuer Wildnisgebiete aus zweiter Hand: das sind einige der Ziele, die die EU-Kommission jetzt anpacken will. Bei einer Konferenz am 16. und 17.11.2010 in Brüssel hat die EU-Kommission die weitere Strategie in Sachen Wildnis in Europa diskutiert und festgelegt.
Begonnen hat das Thema Wildnis innerhalb der EU mit einer Resolution des Europäischen Parlaments Anfang 2009, derzufolge zukünftig in der EU wesentlich mehr Wildnisgebiete ausgewiesen werden sollten. Dem folgte im Mai 2009 die Prager Konferenz unter der Leitung der tschechischen EU-Präsidentschaft. Dort wurden Strategien für das weitere Vorgehen in Sachen Wildnis festgelegt. Auch wurden die Wildnisgebiete als wichtige Bestandteile im Kampf gegen den Verlust der Biodiversität in Europa dargestellt.
Im Sommer 2010 veranstaltete die EU eine Umfrage zur Gestaltung der Biodiversitätsstrategie in den kommenden 10 Jahren (Post vom 24.09.2010). Dem ging die Erkenntnis voraus, dass die bisherige Biodiversitätsstrategie der EU zumindest zum Teil gescheitert ist. Die Förderung von Wildnis soll zukünftig einen wichtigen Beitrag liefern zum Erhalt der Biodiversität. Die jetzt in Brüssel abgehaltene Konferenz reiht sich nahtlos ein in die Bemühungen der EU, der Wildnis zukünftig mehr Raum zu geben.
Die Aussicht, dass es zukünftig in Europa eine eigenständige Schutzgebietskategorie "Wildnisgebiet" geben könnte, ist tatsächlich begeisternd. Heute ist es vielfach schwierg herauszufinden, ob hinter einem bestimmten Schutzgebiet nun Wildnis steckt oder doch nur eine vom Menschen mehr oder weniger stark beeinflusste Landschaft. Ein besonders negatives Beispiel hierfür sind die in den Sechziger bis Achziger Jahren des letzten Jahrhunderts in Deutschland ausgewiesenen Naturschutzgebiete auf Waldflächen. In diesen Naturschutzgebieten war und ist es den Besuchern nicht gestattet, die Wege zu verlassen oder eine Pflanze zu pflücken. Hingegen ist die Forstwirtschaft in diesen Gebieten weiterhin erlaubt. Und so werden Rückegassen in die Wälder gezogen und Kahlschläge durchgeführt, durch die ein Vielfaches der Schäden entstehen, die durch Hunderte von Besuchern entstehen könnten.
Ebenfalls interessant ist das für das Jahr 2011 angekündigte Register mit interaktivem Kartendienst der Wildnisgebiete EU-weit. Dieses Register wird entscheidend dazu beitragen, das Thema Wildnis bei den einzelnen Regierungen, Verwaltungen und bei den Bürgern bekannter zu machen.
Ein weiterer Punkt der EU-Agenda in Sachen Wildnis ist die Wiederherstellung degradierter Wildnisgebiete. Dies soll zum Beispiel so erfolgen, dass in bestimmten Gebieten Raubtiere wie der Wolf wiedereingeführt werden. Dies erfolgt vor dem Hintergrund, dass Raubtiere ein integraler Bestandteil der Natur bestimmter Gebiete sind.
Nicht weniger interessant ist, dass auch neue Wildnisgebiete geschaffen werden sollen. So wird erwartet, dass in den kommenden Jahrzehnten in ganz Europa ein Potential von 200.000 km² nicht mehr genutzter landwirtschaftlicher Fläche vorhanden ist. Auf die EU entfallen davon 86.000 km². Diese Flächen sollen zur Wildnis zurückentwickelt werden.
Fazit: das Jahr 2011 dürfte für das Thema Wildnis in Europa ein interessantes Jahr werden. Hoffen wir, dass es auch ein gutes Jahr wird.
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